Wie kann man ältere Menschen wieder aktivieren und motivieren?
Eine spannende Frage für unseren Physiotherapie-Kurs an der Fachschule in Karlsruhe. Ein Bericht unserer lieben Dozentin und Praktikumsbetreuerin Julia Richter.
Während des Projekts „Alter erleben“ hatten unsere Schüler nicht nur die Möglichkeit, Übungen für Senioren zu entwickeln, sondern auch selbst zu erfahren, wie sich Sinneseinschränkungen auf den Alltag auswirken. Besonders beeindruckend war das Erleben von:
- Schwerhörigkeit
- Sehfeldreduktion
Alltägliche Aufgaben wurden plötzlich unerwartet schwierig. Der Verlust der Selbstständigkeit im Alter, besonders wenn Sinnesfähigkeiten wie Sehen, Hören, Riechen oder Tasten nachlassen, kann für ältere Menschen sehr belastend sein – emotional, psychisch und sozial. Hier geht es um Kontrollverlust, Einsamkeit, Isolation und auch Scham.
Schüler:innen berichteten überrascht, wie herausfordernd selbst einfache Tätigkeiten wurden: Schwerhörigkeit, simuliert durch Ohrstöpsel. „Ich habe gemerkt, wie anstrengend es ist, wenn man eine Erklärung nicht richtig versteht. Man verpasst wichtige Details und muss ständig nachfragen – das war wirklich frustrierend.“
Sehfeldreduktion mit Spezialbrille: „Ich dachte, ich könnte mich trotzdem gut orientieren – aber es war viel schwieriger als erwartet. Man fühlt sich unsicher, weil man nicht genau sieht, was um einen herum passiert.“
„Beim Balancieren oder Sortieren von Gegenständen hat mir die eingeschränkte Sicht richtig zu schaffen gemacht.Ich habe Dinge nicht gesehen, die direkt vor mir waren.“
Das Projekt hat gezeigt, wie sehr wir unsere Sinne im Alltag als selbstverständlich ansehen – und wie wichtig es ist, Geduld und Rücksicht gegenüber Menschen mit Einschränkungen zu haben. Unsere Schüler:innen waren sich einig: Diese Erfahrung hat ihr Verständnis und ihre Empathie nachhaltig gestärkt.
🔹Training der Griffkraft: Durch Kompression einer PET-Flasche wurde ein daran befestigter Luftballon aufgeblasen. Mit diesem Ballon mussten anschließend Becher angehoben und gestapelt werden – eine Übung zur Stärkung der Fingerkraft und Feinmotorik.
🔹 Training der Beinkraft: Eine besondere Herausforderung bestand darin, mit den Füßen durch eine Gehbewegung ein langes Handtuch vorsichtig zu raffen, bis die am Ende des Tuchs stehende Flasche direkt vor dem Teilnehmer positioniert war. Diese Übung fördert die Muskelkraft und Beweglichkeit der Beine.
🔹 Training der Exspiration: Ein Tennisball musste gefühlvoll über fünf mit Wasser gefüllte Becher hinweggepustet werden. Diese Übung unterstützte die bewusste Atemsteuerung und trainiert das Lungenvolumen.
🔹 Training der Beinkoordination und Treffsicherheit: Ein auf dem Fußrücken liegendes Sandsäckchen musste in einen Eimer geworfen werden. Eine ideale Übung zur Verbesserung der Konzentration und der gezielten Bewegungssteuerung.
Fazit: Im Rahmen der Ausbildung zur*zum staatlich anerkannten Physiotherapeut:in erwerben unsere Schüler:innen nicht nur fundierte fachliche Kompetenzen. Sie lernen auch, interdisziplinäre Aufgaben zu meistern und entwickeln dabei persönliche Reife. Der bewusste und respektvolle Umgang miteinander, ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein sowie Empathie stehen dabei im Mittelpunkt. Dank des Engagements unserer Lehrkräfte bereichern regelmäßig besondere Projekte und Exkursionen den Ausbildungsalltag.
Was wollen wir mit unserem Projekt zeigen?
Menschen mit Handicap können ein selbstbestimmtes Leben führen – mit der richtigen Unterstützung! Hilfsmittel wie Hörgeräte, Lupen, Sprachassistenten oder persönliche Assistenz ermöglichen es, Selbstständigkeit und Lebensqualität zumindest teilweise zu erhalten. Unser Projekt möchte genau das sichtbar machen: wie Technik, Hilfsmittel und Mitmenschen dazu beitragen, Barrieren zu überwinden und Teilhabe zu ermöglichen.